Menschen,
Licht, Emotionen – Workshop Andreas Jorns
- Intention.
Einen Foto - Workshop wollte ich schon immer mal machen.
Horizonte erweitern, aus alten Mustern der Architekturfotografie und
Langzeitbelichtungsschiene ausbrechen und Neuland entdecken.
Keine strukturelle Starrheit mehr – beweglich emotional
sollte es sein. Also ab in die People-Ecke. Menschen. Keine unnahbaren Gebäude
oder Landschaften. Echtes Feedback und Interaktion.
Da meine Leidenschaft dem
Schwarzweißen gilt, musste es natürlich farblos sein, ohne die bunte Seite zu
vermissen. Ich fand einen Fotografen der mich beim Begutachten seiner Homepage in
Millisekunden dort abholte wo mich die Architektur und Langzeitbelichtung
herbrachte, nur eben bei Menschen.
Viel schwarz. Und weiß. Geil. Bei Andreas Jorns. Es ist schwierig einen der
möglichen freien Plätze zu erhalten. Es gab noch einen Platz also sofort eine eMail
geschrieben und glücklicherweise einen der begehrtesten Plätze Deutschlands
ergattert. Einen der begehrtesten, weil einer der Besten in Deutschland, wie
sich noch herausstellen sollte.
Der erste Kontakt via Social Network: Unglaublich herzlich,
offen, kumpelhaft von Beginn an. Wohlfühlatmosphäre. Kurz ein paar Rahmendaten
abgeklärt, eMails ausgetauscht und dann sehnsüchtig auf den Start des
Wochenendes gewartet.
Tag Eins:
Ankunft in Haan, Parkplatz direkt vor der Tür, davor schon
ein wartender Mitstreiter. Die anderen beiden Kollegen treffen zeitnah ein,
stellen uns vor, wir reden, und dann kommt Andreas.
Bei ihm ein breites Grinsen im Gesicht gepaart mit einem
„Moin Männers“. Gefühl: Der Tag wird grandios.
Wir betreten das Studio, ein (fast) leerer Raum mit diversen
Bildern seiner unfassbar guten Werke (dieses
Wort „unfassbar“ wird im gesamten Workshop an allerhand verschiedenster Stellen
fallen). Der Grund warum wir alle hier sind.
Seine Frau Anette ist auch da, genauso herzlich, genauso
präsent. Zwei ehrliche Menschen.
Ehrlich in der reinsten Form des Wortes.
Authentisch. Echt.
Alles wird an diesem Samstag irgendwie rund um
(selbstgebackenen, unfassbar guten) Apfelkuchen geschehen. Alles ist gleich
dadurch lockerer – alles nur geplant? Mitnichten. Die sind einfach so.
Also erstmal Kaffee, erstmal quatschen bevor das Model des
Tages kommt. Wer-macht-was-wie-und-so-ähnlich. Bildreview von eigenem
mitgebrachtem Material mit erstem Feedback. Meine Jungs (ich hab ein Super-Team
erwischt, alle in ähnlichem Alter und unfassbar angenehme Menschen) legen schon
mal mitgebrachte eigene Bilder vor – wir besprechen diese und bekommen erste,
ehrliche Meinungen. Toll.
Ein kurzes Briefing über die nächsten Stunden, Shooting nur
mit Available Light, Umgang mit Model,
Do’s and Don’ts, Ansprache (ja man kann mit dem Model auch reden; diese sind
nämlich auch Menschen) alles mit Sinn und Verstand erklärt. Wir blättern auch
nach Wunsch in einem der unzähligen Bildbände diverser Fotografen (-legenden).
Impressionen einholen.
In den Flow kommen. Fotografie einatmen.
Dann kommt Lani herein. Das Model. Ein Mensch mit fotogenem
Äußeren. Die wichtigste Feststellung: Models sind Menschen. Keine Überhöhung,
keine Anbetung notwendig. Also, erstmal quatschen und kennenlernen. Wissen wer
vor einem sitzt und mehr über den Mensch als Model verstehen. Wir wollen
portraitieren. Sie zeigen. Mit Ihren humanen Facetten. Menschen bieten sich uns
Fotografen als Subjekt an, als Individuum - nicht Objekt im Sinne einer
wortlosen Hülle. Ein Model kann jeder Mensch vor unserer Linse sein. Schönheit
ist in uns allen.
Wie wir später noch feststellen werden, sind wir es zwar die
objektiv mit ihnen umgehen, das Beste für uns versuchen rauszuholen, aber eine
subjektiv beidseitige Leistung einfordern. Modell-sein ist kein leichter Job. Anleitungen
verstehen, aber trotzdem agieren wenn keine Anweisung im Raum steht, sich so
zeigen das der festgehaltene Moment ein unvergesslicher – oder sollte man sagen
- unvergleichlicher - wird. Einer, der in dem Betrachter Emotionen
auslöst.
Es ist das Portrait um das es geht. Zeige den Menschen,
zeige eine Seite, eine Facette an ihm. Ziehe den Betrachter in den Bann.
Verursache ein Gefühl, eine Sehnsucht. Beschriebe ihn, sein Wesen, fördere und
locke die Gemütsbewegung heraus.
Unvergleichlich, weil wir alle unfassbar schöne Bilder in
diesem Workshop machen werden. Jeder für sich, alle zusammen, aber niemals
gleich. Alle Teilnehmer mit Ihrer individuellen Note. Das Model, eigentlich
immer gleich, aber doch immer wieder subjektiv anders interpretiert.
Wir gehen an diesem Tag im ersten Schritt durch verschiedene
Stufen. Ein paar Minuten Fotografie für jeden – Review – wieder ein paar
Minuten knipsen. Immer gepaart mit unfassbar wichtigen Hinweisen von Andreas,
aber auch Lani, dem Model.
Licht – wo-wann-wie. Auch am warum wird nie gespart. Trotzdem
angenehmes „mach-mal“-Feeling und wir bereden es dann. Sehr schönes Lernambiente.
Genau so sollte es sein. Unfassbar viel Praxis. Daher auch die kleine Gruppe
von vier Teilnehmern. Alles begleitet von Musik. Musik ist sowieso die zweite
bedeutsame Komponente beim Shooting. Andreas, eine wandelnde Jukebox.
Fantastisches Fachwissen inbegriffen.
Dann klingelt es an der Tür und der Apfelkuchen kommt. Bevor
wir mit der Session weitermachen.
Es hat ein bisserl was von – positivem - cool down. Mal die
ersten Stunden, die erste Nervosität, ein wenig sacken lassen – ja auch das
gibt es: Aufgeregtheit. Denn am Anfang ist es so eine Art kontrollierte
Anspannung die einen erfasst. Kamera-Settings, Model, Licht, Situation. Ergebnisse
abliefern. Man will ja was vorzeigen können.
Spannung pur wenn man in Action ist; Kuchen um dann auch mal
wieder auszuatmen. Also erstmal gemütlich unglaublich leckeren Apfelkuchen
essen und wichtig dabei: quatschen. Passt.
Der zweite Teil am Nachmittag wird dann von Einzelshootings
ohne Anwesenheit der anderen in diesem Studio gestaltet; wir verändern die
Position im Raum, gestalten und arrangieren das einfallende Sonnenlicht neu, schnacken
über Lichtformung und Gestaltungsmittel.
Weiter geht’s.
Lani, unfassbar professionell. Ihre Mimik ist grandios, sie
hält die Posen auch über Stunden wenn nötig – zum Glück muss sie das heute nicht.
Sie ist extrem hilfreich, unterstützt auch mal und macht einem das
Fotografieren zum Erlebnis. Die Professionalität mit der sie zu Werke geht ist
beeindruckend. Wir alle machen an diesem Nachmittag unfassbar schöne Portraits.
Zwischendrin reden wir alle mit ihr einfach über Gott-und-die-Welt. Auch
abseits der Kamera ein interessanter, weitblickender Mensch. Keine Überhöhung.
Der Tag nähert sich dem
Ende, alle haben irgend-so-ein unbestimmtes und trotzdem für jeden
Insider definierbares, glückseliges Grinsen im Gesicht. Wir freuen uns wie
Kinder über die Resultate. Jeder hat diverse Bilder im Kasten die allesamt
fantastisch wirken werden. Fotografen-Himmel.
Wir werden wohl alle Jünger Jorns – ich zumindest sicherlich.
Tag Zwo:
Tag Zwo beginnt wie Tag Eins aufhörte. Erstmal die
Foto-Jünger mit der norddeutschen Rap-Kapelle „Beginner“ (und Ihrem neuen Album
„Advanced Chemistry“) im Studio begrüßen.
Fette Beats für einen fetten Start in den Tag. Und irgendwie
gleichzeitig Synonym für den anstehenden
Tag.
Gestern waren wir noch Beginner. Heute sind wir schon Teil
der Band. Die Kettenreaktion der
Foto-Chemie nimmt Ihren Lauf.
Wir sammeln uns also wieder wie die Atom-Moleküle um den
Besprechungstisch. Verbunden durch Kaffee-Ketten.
Challenge heute: Wir sehen das Model nicht. Großes Staunen.
Aber eine coole Idee. Später im Alltag weiß man auch nicht immer wer vor der
Türe steht. Lernziel: Mensch und Model kennenlernen.
„Sie“ wird nach hinten geführt, abseits unserer Blicke,
jeder darf im Einzel-Shooting ein halbe Stunde mit Ihr verbringen. Inklusive
Kennenlernen, Kleidungsauswahl, Shooting-Arrangement und dann: Portraitieren.
Die verbliebenen Atome
sichten Ihre Bilder von gestern, wählen die Besten aus.
Der Lehrteil „Bildbearbeitung“ – und am besten nicht mehr wie
3 (in Worten: drei) Minuten, findet zwischendrin statt. Eines der wichtigsten Elemente ist es nämlich ein bereits
„fertiges“ Bild zu fotografieren.
Photoshoppen kann jeder. Und Shopping ist Zeit und Geld. Hier-wie-da.
Also lieber gleich ein geiles Portrait
machen. So einfach ist die Einkaufsliste die Andreas uns mitgab. Handwerk und Kunst. Handwerkskunst.
In der Tat: wir brauchen drei Minuten, aber auch nur weil
ich noch ein paar Programmanwendungsfragen hab und Andreas auch hier unfassbar
wertvolle Tipps gibt. Ansonsten wären wir wohl in zwei Minuten durchgegangen.
Bildbearbeitung wird sowas wie ein Neutron.
Ich transferiere mein „fertiges“ Bild aus der Kamera, wandle
es in schwarz-weiß um, definiere den Schwarzpunkt und mach ein paar kleine, farblich-selektive
Anpassungen. Done. Kein Photoshop. Keine Tricks. Aber echter,
ehrlicher Zauber!
Mein Pitch, mein Turn. Ich muss raus auf die Fotobühne. Ach
nein, erstmal in die Küche auf einen Kaffee. Das Model kennen lernen. Tja und
da stehen wir nun, Waleria (mit W) trinken Kaffee, reden über das jeweilige
Leben. Beinahe vergesse ich dass wir nur 30min haben. Also raus ins Studio und
mal anfangen. Kurze Kleidungsabsprache mit dem Wunsch mal in einem zweiten
Outfit zu fotografieren.
Einfaches Setting, im einfallenden natürlichen Licht mit
Diffusor vor dem Fenster. Draußen regnet es. Komplett anderes Licht als am
Vortag. Waleria lacht und los geht‘s. Und hört auch gar nicht auf zu lachen.
Aha! Also wieder ein Lerneffekt: Heute ein unfassbar natürlicher, lebhafter Mensch,
mit dem Hang zu Lachanfällen. Komplett anderes Shooting. Professionell, aber
sehr nahbar. Kumpeltyp.
Also versuchen wir es ein wenig einzubremsen, auch wenn
es schwerfällt – und doch gibt s diese Momente der Ruhe und Sinnlichkeit in der
sie verträumt aus dem Fenster sieht. Klick. Klick. Lachen. Klick.
Der Kleidungswechsel fällt
aus, die 30min gingen viel zu schnell rum. Erkenntnis: Zeitmanagement beachten.
Aber im „wirklichen“ Leben nimmt man sich auch mehr Zeit für den Kunden. Alles
gut.
Nachdem die anderen noch Ihre Session gemacht haben geht’s
zum Italiener um die Ecke.
Quatschen. Was sonst.
Anschließend geht es weiter mit verschiedensten Settings,
Fotoschule – „Lauf mal um den Mensch rum, alle Einstellungen gleich lassen“,
verschiedene Ansichten ausprobieren. Jeder macht ein paar verschiedene
Shootings an unterschiedlichen Stellen im Studio. Klick. Klick. Klick.
Dann ist das Shooting vorbei. Wir machen erneut Review, danach
drei Minuten Bearbeitung eines Bildes, ausdrucken.
Der Kreis wird bei Andreas Jorns geschlossen. Quadratur des
Kreises sozusagen. Bilder werden auf feinstem Papier gedruckt. Nicht nur digital
verwaltet. Haptik, Look-and-Feel. Ein absolut runder Workshop endet mit drei
grandiosen Fine-Art A4 Ausdrucken. Wo gibt’s denn sowas?
Bei Andreas Jorns.
Ich bin nun ein Schüler Jorns. Lehrgang
beendet. Gesellenbrief in Form dreier wundervoller Portraits. Angefixt und visioniert.
Diese Art der
Fotografie wird mich in der nächsten, unbestimmten Zeit prägen und formen. Sorry
liebe Architektur. Aber bleibst ja stehen. Ätsch.
Ein weiterer Kurs bei Andreas Jorns ? Irgendwo zwischen Itzehoe und Idaho? Beim einem der Besten
seines Fachs?
Welch unfassbare Frage. Natürlich! Die Chemie stimmt. Das ist
Advanced Chemistry.
Danke Andreas! In der ehrlichsten und herzlichsten Form des
Wortes.
Ende des Berichts.
Aber der Beginn einer neuen Leidenschaft.
Mehr demnächst auf dieser Leinwand.
Der Bericht ist sehr emotional? Ja. Mit Absicht. Und das ist gut so. Wer sich
erinnert: Da wollte ich Eingangs hin. Mission accomplished.
In eigener Sache: Danke an die Mitstreiter, ich hätte keine
Besseren in meiner Foto-Gang haben können. Die Damen. Die Herren. Herr Fotograf! Es war mir eine Ehre!
Sehr nett geschrieben, und gut. Ich fühle mich als ob ich mit dabei gewesen wäre.
ReplyDeleteSo authentisch geschrieben, dass ich hoffte, es geht noch weiter...Klasse Christian. Ich freue mich für Dich und die Begeisterung kommt voll rüber. Grüsse Peter Wingerter
ReplyDeleteDu schreibst total schön! �� Nette Lesegeschichte.
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